Im Nachgespräch der Performance BECUNTING stellten die Performer:innen von House of Brownies klar, dass es nicht ausreicht, sich eine Show anzuschauen, um Solidarität mit Trans of Color zu zeigen. Die Solidarität muss übergehen in konkrete Unterstützung. Symbolische Handlungen wie Rainbow-Deko-Schnörkel bei Konzernen, die im Pride Month pinkwashing betreiben und dann die restlichen 11 Monate im Jahr nichts weiter mit dem Thema zu tun haben, helfen nicht.
Die Performer:innen sprachen von Lücken der Repräsentanz, von fehlenden Begegnungen außerhalb von Entertainment, von systemischer Gewalt gegen Trans
Körper. Innerhalb des queeren Spektrums werden insbesondere TransFrauen Opfer von Gewalt. Neben der Transfeindlichkeit, die auch queere Räume durchdringt, leiden Trans of Color zusätzlich an Rassismus, Fetischisierung und Othering. Während viele weiße queere Aktivistinnen in Deutschland die Vorstellung einer einheitlichen queeren Szene vermitteln, werden in dieser Erzählung queere BIPOC - insbesondere bei kommerziellen Prides - entweder in die Rolle eines Tokens gedrängt oder verranden.
Auch wenn viele Prides das Wort Intersektionalität aufgreifen, werden die Stimmen von queeren BIPOC selten gehört, eher werden ihre Körper ausgestellt. Ihre Erfahrungen von Leben und Überleben in queerfeindlichen, migrations- und fluchtabwehrenden, rassistischen Räumen, ihre Erfahrungen von ökonomischer Ausbeutung finden kaum adäquate Adressierung. Rassismus und Othering ist für BIPoCs in queeren Räumen keine Ausnahme sondern ein sehr zentrales Thema. Die queeren Aktivist:innen of Color Achan Malonda und Tarek Shukrallah spechen in einem Interview mit dem Tagesspiegel, daß „die Bemühung um Diversität zu bedeuten scheint, Aktivist*innen wie uns vor allem dekorativ einzubinden und noch nicht einmal das richtig hinzubekommen.“
Als Teil von Prisma - Queer Migrants kann ich ihre Erfahrungen sehr gut nachvollziehen. Die Prides in Deutschland sind zwar von Stonewall, also den Kämpfen von vor allem queeren BIPOC, inspiriert, aber sie haben sich als weiße Räume etabliert, in denen Intersektionalität zwischendurch mal als Motto auftaucht. Vielleicht braucht es auch in Hannover einen nicht kommerziellen Pride, von denen es deutschlandweit bereits acht gibt. Ein Pride, der Rassismus, Migrationsabwehr, Muslim:innenfeindlichkeit, Antisemitismus, Klassismus genauso in den Fokus rückt wie die Queerfeindlichkeit in der Gesellschaft. Denn wir queere BIPOC können uns zu keiner Zeit aussuchen, nur queer zu sein. Mit dieser Intervention in Hannover könnten auch Menschen für die Prides aktiviert werden, die bisher ausgegrenzt werden.

Kadir Özdemir, PWC
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@a.kadir.oezdemir